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Wenn es nicht tragische Realität wäre, könnte die Geschichte einem James Bond Film entnommen sein: Der ehemalige KGB Agent Alexander Litvinenko wurde durch das radioaktive Element Polonium tödlich vergiftet, wofür weniger als 1 Mikrogramm (= ein Millionstel Gramm - eine mit dem bloßen Auge nicht zu erkennende Menge) ausgereicht haben könnte. Litvinenko war etwa drei Wochen nach dem Giftanschlag gestorben, bei einer höheren Dosis wäre der Tod vermutlich schneller eingetreten. Dennoch konnte auch eine intensive Behandlung in einem britischen Krankenhaus dem russischen Regimekritiker nicht mehr helfen, was die Tücke des bislang einmaligen, gezielten Giftmordes durch ein radioaktives Element deutlich macht.
Radioaktive Elemente besitzen Atomkerne, die aufgrund der Zahl der sie aufbauenden Protonen und Neutronen nicht stabil sind. Sie sind daher bestrebt, sich in stabilere Elemente umzuwandeln, was durch Aussenden von energiereicher, so genannter radioaktiver Strahlung begleitet ist. Man kennt drei Strahlenarten, die radioaktive Elemente aussenden: bei alpha-Strahlung, ein aus zwei Protonen und zwei Neutronen bestehender Helium2+ Kern, und beta-Strahlung, die einer Abstrahlung von Elektronen (aus Neutronen, β– Zerfall) oder Positronen (aus Protonen, β+ Zerfall) entspricht, werden elektrisch geladene Partikel abgestrahlt. Dagegen ist die so genannte gamma-Strahlung eine elektromagnetische Strahlung sehr kurzer Wellenlänge (<0.5 Nanometer). Letztere ist aufgrund ihrer großen Reichweite und hohen Energie in der Lage, alles Leben in ihrer weitreichenden Umgebung auszulöschen; hierauf beruht die tödliche Wirkung einer Atombombe.
Gamma-Strahlung durchschlägt mühelos alles lebende Gewebe, selbst leichte Metalle wie Aluminium stellen für sie kein Hindernis dar, und erst dicke Bleiplatten sind in der Lage, sie zurückzuhalten. Beta-Strahlung hat dagegen je nach Nuklid, das sie aussendet, nur eine Reichweite von Zentimetern bis zu wenigen Metern und kann wirkungsvoll durch ein Aluminiumblech oder durch eine Plexiglasscheibe abgehalten werden. Auch menschliche Haut hält beta-Strahlung wirkungsvoll zurück, dabei treten allerdings Verbrennungen auf der Hautoberfläche auf. Schließlich können alpha-Teilchen nur wenige Mikrometer in ein festes Gewebe eindringen, und schon ein dünner Pappbecher ist für ein alpha-Teilchen ein unüberwindbares Hindernis.
Polonium ist ein in der Natur vorkommendes Element, allerdings nur in verschwindent kleinen, für die Gesundheit nicht gefährlichen Mengen. Es wurde 1898 von Marie und Pierre Curie entdecket und wurde nach Maries Heimatland Polen benannt. Die höchste Anreicherung von Polonium - 100 Mikrogramm pro Tonne - findet man in Urangestein. Überraschenderweise kann man es auch in Tabakqualm aus Tabakpflanzen, die mit Phosphatdünger behandelt wurden, nachweisen. Von Polonium kennt man 25 Isotope, von denen 210Po (der Atomkern besteht aus 84 Protonen und 126 Neutronen) am häufigsten ist. Polonium findet in der Raumfahrt als Energiequelle Verwendung, die hierfür benötigten Mengen werden künstlich durch Neutronenbeschuss aus 209Bi hergestellt. Hierfür braucht man einen Neutronenreaktor, wodurch die Zugänglichkeit von Polonium nur sehr eingeschränkt und staatlichen Einrichtungen vorbehalten ist.