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Oliver Reiser

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Cialis® - Creme statt Tablette? English Italiano

von Chiara Cabrele und Oliver Reiser

Cialis® oder Viagra® können gefährliche Nebenwirkungen bei der Einnahm in Tablettenform haben. Nanopartikel als Träger der Wirkstoffe könnten den Durchbruch für eine Creme zum Einreiben sein. © Chemie-im-Alltag 2010.

Viagra® und Cialis®, zwei Medikamente, die die Männerwelt buchstäblich aus dem Stand erobert haben. Als Erektionsverstärker geben sie bei so genannter psychisch und organisch bedingter erektiler Dysfunktion Millionen von Männern ein erfülltes Sexleben. Darüber hinaus haben sich Viagra® und Co längst als Lifestyle Drugs gerade bei jungen Männern etabliert, ohne Kenntnis der bei unsachgemäßer Anwendung verbundenen Risiken. Die möglichen Nebenwirkungen, die mit der Einahme von Viagra® oder Cialis® einhergehen, sind in der Tat beträchtlich: Beide Medikamente bewirken die Entspannung der Muskulatur in Blutgefäßen, und das ist nicht nur für eine Erektion des Penis gewünscht, sondern kann auch das Herzsystem beeinflussen bishin zu zahlreich aufgetretenen Todesfällen durch Herzinfarkte.

Der molekulare Schlüssel zur Entspannung der glatten Muskulatur im Penis

Die molekularen Grundlagen, die eine Entspannung der glatten Muskulatur im Penis bewirken, sind gut verstanden und wurden bereits an anderer Stelle in diesem Portal ausführlich dargestellt. Zum einen stimuliert Stickstoffmonoxid (NO) das Enzym Guanylatcyclase, welches den Botenstoff cyclo-Guanosinmonophosphat (cGMP) produziert, der nun die Relaxation der glatten Muskulatur bewirkt: Blut kann in verschiedene Bereiche des Körpers, unter anderem in die Schwellkörper der Penis eindrinAnimation Viagragen und es kommt zur Erektion. Ein weiteres Enzym, die so genannte Phosphordiesterase (PDE) baut cGMP wieder ab, wodurch sich die glatte Muskulatur wieder zusammenzieht, damit das Blut aus den Schwellkörpern herausgedrückt wird und der Penis erschlafft. Viagra® und Cialis® hemmen die Phosphordiesterase, als Folge davon wird das cGMP langsamer abgebaut und die Erektion bleibt länger erhalten (zum Starten einer Animation rechts die Graphik anklicken).

Medikamente - Wirkung und Nebenwirkung

Doch ganz so einfach ist es leider nicht. Der zuvor beschriebene Effekt tritt nicht nur am Penis auf, sondern auch an anderen Stellen, in denen der Blutzufuss in Gefäße und Organe, für Viagra® und Cialis® relevant am Herzen, geregelt wird. Die hierfür verantwortlichen molekularen Prozesse sind ähnlich, und werden daher - unterschiedlich stark - auch durch die gleichen Medikamente ausgelöst. Ein entscheidendes Kriterium für den Erfolg eines Medikaments ist daher nicht nur die Wirkung, sonderm die selektive Wirkung am gewünschten Ort. Viagra® und Cialis® leisten hier bereits erstaunliches indem deren Wirkung in der Tat mit guter Selektivität an der Penismuskulatur stattfindet. Dennoch ist eine so geanannte Kreuzselektvität am Herzen, mit den damit verbundenen dramatischen Konsequenzen bishin zu Todesfällen, vorhanden.

Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt...

dann muss der Berg zum Prophenten kommen lautet eine alte Weisheit. Was liegt also näher, als die Medikamente direkt am gewünschten Wirkort zu platzieren. So erreichte während eines Urologenkongress der Arzt Dr. Glies Brindley 1983 in einem Selbstversuch eine Erektion dadurch, dass er sich das normalerweise unselektiv wirkende Phentolamin direkt in den Penis spritzte und den Erfolg seines Experiments auf der Bühne den anwesenden Kongressteilnehmern durch Herunterlassen seiner Hosen bewieß. Doch ist das Injektzieren einer Spritze, noch dazu in den Penis, sicherlich nicht jedermanns Sache. Angenehmer wäre fraglos das Auftragen einer den Wirkstoff enthaltenen Creme auf dem Penis. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Wirkstoff durch die Haut - eine schwer zu durchdringende Barriere - in die Blutgefäße gelangen kann. Obwohl die Haut am Penis beonders dünn ist, waren anfängliche Versuche, auf diese Weise Viagra® oder Cialis® in den Blutkreislauf einzuschleusen, nicht besonders erfolgreich.

Nanopartikel - aussichtsreiche Träger für Wirkstoffmoleküle

Unter Nanopartikeln, oftmals bestehend aus Metalloxiden oder Metallkernen umgebend von einer stabilisierenden Schutzischicht, versteht man Teilchen einer Größe von 5-300 nm (Nanometer = 10-9 m), die damit in etwa 100 bis 1000 mal größer sind, als ein einzelnes Wirkstoffmolekül. Solche Nanopartikel können relativ problemlos in Zellen eindringen und auf diese Weise auch daran haftende Wirkstoffmoleküle in Zellen einschleusen. Nanopartikel sind daher aussichtsreiche Träger von Wirkstoffen: An Nanopartkel aufgebracht - man spricht von Verkapselung - sollen Wirkstoffe in Zellen eingescheust und anschließend - und gerade hierin liegt ein grundsätzliches Problem - am Wirkort über einen bestimmten Zeitraum wieder freigesetzt werden.

Ein Team des Albert Einstein College für Medizin in New York hat nun untersucht, wie effektiv sich die eine Peniserektion bewirkenden Stoffe mit Hilfe von Nanopartikeln an den gewünschten Wirkort bringen lassen. Unterscht wurde Cialis®, Sildenfanil, ein noch in der Testung befindlicher Erektionsverstärker, sowie auch Stickstoffmonoxid (NO) selbst. An letzerem wird ein wesentlicher Vorteil von Nanopartikeln deutlich: NO ist unter normalen Bedingungen ein Gas, daher ist es aufgrund seiner Flüchtigkeit selbst als Wirkstoffmolekül ungeeignet. An Nanopartikeln fixiert kann es jedoch in Zellen eingebracht werden und nach späterer Abspaltung von solchen Trägern seine Wirkung entfalten.

Test an Ratten erfolgreich

Das Forscherteam konnte durch Tests an Ratten zeigen, dass die auf Nanopartikeln verkapselten Wirkstoffe in der Tat die Peniserektion auslösten. Dabei setzte die Wirkung von Cialis® bereits nach weniger als fünf Minuten ein; ein klarer Vorteil gegenüber der Verabreichung des Wirkstoffe in Tablettenform, bei der mit einer Wirkung erst nach etwa einer Stunde zu rechnen ist. Trotz dieser erfolgversprechenden Ergebnisse - Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet, und den Ratten schien der Test zu gefallen - wird es noch mehrere Jahre dauern, ehe eine auf Nanopartikeln baiserende Creme mit Cialis® oder Viagra® auf den Markt kommen wird. Insbesondere muss getestet werden, wie die Nanopartikel wieder aus den Zellen herausgeschleust werden, und ob sie Schaden bei ihrer Reise durch den Körper verursachen. Man weiß bereits, dass bestimmte Sorten von Nanopartikeln für Zellen toxisch sind, was man für die Entwicklung neuer Medikamente gegen Krebs ausnutzen möchte.

Nanotechnologie in Deutschland

Die Anwendung von Nanopartikeln hat ein großes Potential für viele Bereiche unseres täglichen Lebens, nicht nur als Träger für Wirkstoffe für medizinische Anwendungen: Nanopartikel verleihen Autolacken hohe Stabilität und wasserabweisende, dem Lotuseffekt nachgeahmte Eigenschaften. Auf Nanopartikel aufgebrachte Katalysatoren können chemische Prozesse mit unvergleichbarer Effektivität durchführen und anschließend - beispielsweise durch Ausnutzen von magnetischen Eigenschaften von Nanopartikeln mit einem Eisen- oder Cobaltkern - leicht zurückgewonnen werden; ein Forschungsgebiet meiner Arbeitsgruppe.

Die Forschung steckt hier noch am Anfang, und neben dem zweifellos großen Potential der Nanotechnologie müssen auch mögliche Gefahren von Nanopartikeln auf Lebewesen und Umwelt untersucht werden. Deutschland könnte sowohl bei der Entwicklung der Nanotechnologie wie auch bei der Abschätzung deren Risiken eine führende Rolle spielen, leider zeichnet sich unsere Politik und Gesellschaft wie so oft bei der Einführung neuer Technologien - Kernkraft, Handys, WLAN, Gentechnik um nur einige zu nennen - durch eine abwehrende Haltung aus. In Bayern müssen wir an den Universitäten in verstärkten Maße Anfragen zu Gefahren unserer Forschungen über Nanotechnologie aus der politischen Ecke beantworten, die gerade die Anwendung des Genmais zu Grabe getragen hat. Die Bundesministerin für Umwelt warnte bereits kürzlich vor der Anwendung von Produkten der Nanotechnologie.

Ich hoffe inständig, dass wir durch politische und gesellschaftliche Zwänge nicht wieder einmal einer Technologie hinterlaufen werden, die für unsere Zukunft von großer Bedeutung sein wird.

 

 

 

 

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