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Oliver Reiser

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Folsäuremangel - eine unterschätzte Gefahr für die Gesundheit

von Doris Bayerl und Oliver Reiser


Folsäure: Was steckt hinter diesem wichtigen Vitamin? Spricht etwas gegen dessen Zusatz in Grundnahrungsmitteln? Und was ist besser, natürliche oder synthetische Folsäure? © Chemie-im-Alltag 2009.


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Folsäure – wichtig sowohl im Nucleinsäure– wie auch im Aminosäurestoffwechsel

sina_bifidaIm Nucleinsäurestoffwechsel ist Folsäure wichtig für den Prozess der Zellteilung und Neubildung. Daher ist ein Folsäuremangel während der Schwangerschaft äußerst riskant, als Folge kann es zu Neuralrohrdefekten (Spina bifida; Offener Rücken), Kiefer- oder Gaumenspalten, oder unvollständiger Ausbildung des Gehirns (Anenzephalie) in der Embryonalentwicklung kommen. Eine ausreichende Versorgung in den ersten vier Wochen der Schwangerschaft ist daher besonders wichtig. In dieser Zeit schließt sich beim Embryo das Neuralrohr. Um die Gefahr von Wachstumsstörungen des Embryos und einer Frühgeburt zu reduzieren, wird allen Frauen, die schwanger werden können empfohlen, täglich 0.4 mg (400 µg) synthetische Folsäure  in Form von Tabletten zu sich zu nehmen. Weiterhin ist Folsäure, gemeinsam mit Vitamin B12 und Eisen, wichtig für die Bildung von roten Blutkörperchen.

herzIm Aminosäurestoffwechsel baut Folsäure das für Gefäße schädliche Stoffwechselprodukt Homocystein zu unschädlichem Methionin ab, wodurch die Blutgefäße elastisch gehalten werden. Sie beugt so Arteriosklerose vor, d.h. das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall sinkt.

Weitere Effekte von Vitamin B9 auf den menschlichen Organismus, etwa der Einfluss der Folsäureversorgung auf die Entwicklung von Krebs, sind noch nicht genau bekannt und werden derzeit an mehreren Universitäten sowie in Forschungslaboratorien untersucht. Auch im Zusammenhang mit Demenz und Depression im Alter wird das Vitamin diskutiert.

Zusatz von Folsäure in Grundnahrungsmittel - eine sinnvolle Maßnahme?

Das Problem der Unterversorgung an Folat, das zunächst nur in Entwicklungsländern zu bestehen schien, tritt zunehmend auch in Industrieländern auf. Aus mehreren Studien zur Folatversorgung in Deutschland geht hervor, dass die meisten Männer und Frauen weniger als die von der Deutschen Gesellschaft zur Ernährung (DGE) empfohlene Menge des Vitamins zu sich nehmen.
Da die Folsäure wie oben beschrieben zur Verhinderung von vielen Krankheiten präventiv wirkt, werden in Deutschland immer mehr Nahrungsmittel, wie Frühstückscerealien, Süßwaren, Milchprodukte, und Multivitamingetränke, mit dem Vitamin angereichert.

MehlDamit kann eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Folsäure jedoch nicht garantiert werden. Um dies zu erreichen, wäre ein Zusatz  in den Grundnahrungsmitteln Mehl (Typ 550 und 630) und Salz erstrebenswert, da diese fast ausnahmslos von allen Bevölkerungsgruppen regelmäßig konsumiert werden. Bislang wird dies in Deutschland nur für Salz, nicht jedoch für Mehl durchgeführt.

In den USA und in Kanada ist eine Anreicherung des Mehls mit Vitamin B9 mittlerweile Vorschrift. Die Versorgungssituation hat sich dadurch erheblich gebessert, was unter anderem an den rückläufigen Zahlen der mit Neuralrohrdefekten geborenen Kindern in diesen Ländern ersichtlich ist.

Folsäureüberschuss

Unerwünschte Nebenwirkungen bei sehr hoher  Folataufnahme aus Nahrungsmitteln sind bei gesunden Erwachsenen nicht bekannt. Bei synthetischem Vitamin B9 wurden in seltenen Fällen Magen-Darm-Beschwerden beobachtet. Bei Vorstufen von Krebs im Dickdarm kann Folat dessen Wachstum fördern.
Eine gewisse Gefahr besteht durch ein zu viel an Folsäure unter Umständen für ältere Menschen, da hier ein Vitamin B12 Mangel verdeckt werden kann. Nimmt man jedoch Folsäure enthaltende Multivitaminpräparate ein, wird auf diese Weise die ausreichende Versorgung mit Vitamin B12 sichergestellt.

Fazit

Folat ist für den menschlichen Organismus lebenswichtig und hilft prophylaktisch gegen eine Reihe von Fehlbildungen und Krankheiten. Die weltweit bestehende Unterversorgung wird in nahezu allen Ländern durch Zusätze von Folsäure in Nahrungsmitteln kompensiert. Das Risiko durch eine Überdosierung ist dabei gering, dennoch ist die Anreicherung von weiteren Grundnahrungsmitteln (z.B. Mehl) in Deutschland umstritten. In als Nahrungsergänzung angebotenen Multivitaminpräparaten ist in der Regel auch stets die empfohlene Tagesdosis von 0.4 mg synthetischem Folat enthalten, so dass man auf diese Weise sicherstellen kann, dieses Vitamin in ausreichender Menge zu sich zu nehmen.

 

Bildnachweis
Spina bifida: U.S. National Library of Medicine

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