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Oliver Reiser

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Neue Antibiotika braucht die Welt! [Teil 3]

von Prof. Oliver Reiser

Der Bioterror mit Anthrax zeigte drastisch die Bedeutung von Antibiotika für die Existenz der Menschheit. Neue Entwicklungen sind nötig, damit wir den Kampf gegen Bakterien nicht eines Tages verlieren.

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500 Millionen Euro Entwicklungskosten für ein neues Medikament

Die Komplexität neuer Medikamente hat seinen Preis, wie sicher schon jeder beim Kauf eines Antibiotikums in der Apotheke schmerzlich an seinem Geldbeutel erfahren hat. Die Entwicklung eines neuen Medikaments kostet aber etwa 500 Millionen Euro, mit steigender Tendenz, da die Forderung der Gesellschaft nach absoluter Sicherheit von neuen Arzneistoffen immer aufwändigere Tests nötig machen. Bedenklich ist in diesem Zusammenhang das Vorgehen einiger Verbände in den USA und auch die Haltung der US-Regierung selbst, die mit Klagen beziehungsweise mit dem Entzug des Patentschutzes gedroht haben, falls Bayer die Preise für Ciprobay nicht senken würde. In der Tat wurde aufgrund des Drucks der Preis für eine Tablette Ciprobay inzwischen von 1,77 US-Dollar auf 85 Cent halbiert.

Das Argument, das gerne angeführt wird, der preiswerten Herstellung von Ciprobay (20 Cent pro Tabelette), ist kurzsichtig, da es die Entwicklungskosten nicht berücksichtigt. Wenn aber weiterhin hochwirksame und sichere Medikamente gegen lebensbedrohliche Krankheiten entwickelt werden sollen, müssen wir auch bereit sein, den Preis dafür zu bezahlen. Profitträchtig scheinen nur solche Dinge zu sein, die alle haben wollen, aber keiner eigentlich braucht. Gegen 20 Euro für den Preis einer Musik-CD werden keine Stimmen laut, obwohl deren reine Herstellung weniger als 50 Cent kostet. 7.50 Euro für eine Kinokarte bezahlen wir anstandslos und finanzieren damit Schauspielern bis zu 20 Millionen Euro Gage für einen Film. Von lebenswichtigen Dingen wie Medikamenten erwarten wir aber, dass sie uns günstig, noch besser kostenlos zur Verfügung stehen. Was für Folgen eine solche Haltung hat, wurde bei der Entwicklung von Medikamenten gegen AIDS deutlich, als sich in den 80er Jahren praktisch alle deutschen Pharmaunternehmen aus der Forschung mangels Gewinnaussichten zurückzogen. Und gerade die US-Regierung hat nachdrücklich die Patentansprüche amerikanischer Firmen verteidigt, als es darum ging, preisgünstige Generika (Nachahmungs-Präparate) für die AIDS-Therapie in Afrika herzustellen.

Schon jetzt ist die Pharmaforschung zur Bekämpfung seltener Krankheiten stark eingeschränkt. Zu kurz sind die Patentlaufzeiten (20 Jahre, die ersten 10-12 Jahre werden aber für die Entwicklung schon verbraucht; dagegen hat man für ein Lied, ein Buch oder einen Film ein lebenslanges (und darüber hinaus) Copyright), um die hohen Entwicklungskosten in solchen Fällen wieder einzuspielen. Die Bedrohung von Patentrechten sowie die hohen Schadenersatzforderungen, die bei auftretenden Nebenwirkungen gegen Pharmaunternehmen angestrengt werden, könnten in Zukunft die Entwicklung neuer Medikamente noch weiter und auf einige wenige Bereiche einschränken. Vielleicht gibt es dann bald nur noch Forschung für profitträchtige Lifestyle-Drogen wie Viagra.

Mehr als dringend für den Fortbestand der Menschheit ist jedoch die kontinuierliche Entwicklung neuer Antibiotika. Die Grundlagenforschung in der Chemie, und hier an vorderster Front die Synthese neuer Moleküle, ist hierfür besonders wichtig. Sonst sind vielleicht schon in naher Zukunft Krankheiten wie die Pest oder die Tuberkulose wieder reale Bedrohungen für die Welt.

 

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